Es gibt diese Momente im Leben, da fühlt sich einfach alles falsch an. Wenn das Hundekind krank ist und man voller Sorgen und Zweifel steckt, einen die Fragen förmlich aufzufressen drohen. Was mache ich? Wie lange kann ich das meinem Hund noch zumuten? Bin ich egoistisch? Wann ist der richtige Zeitpunkt? Was mache ich nur ohne meinen Schatz? Warum zur Hölle hilft mir keiner? Und es gibt nur eine Antwort auf all diese Fragen… die Tatsache, dass es unausweichlich ist. Dass der Tag kommen wird, vor dem wir uns alle so sehr fürchten. Dass wir eines Tages, egal ob die Sonne scheint, es regnet, sich die Welt weiter dreht oder nicht, ohne unser Hundekind auskommen müssen. Und das zu akzeptieren ist unfassbar schwer.

In meinem Beruf habe ich eigentlich immer unbeschwerte und fröhliche Hunde vor der Linse, gemeinsam mit ihren stolzen und glücklichen Besitzern. Doch da gibt es die Shootings, vor denen ich immer einen Kloß im Hals habe, die mir schwer fallen, weil ich vorher nie genau weiß, was mich erwartet. Die Regenbogenfotoshootings.

Manchmal geht es leider schnell

 

Ich halte mir jeden Monat mindestens zwei Termine frei, für Shootings, die nicht warten können. Und warten können zwei Arten von Hunden nicht: Die Kleinsten, also Welpen, weil die einfach viel zu schnell wachsen und man die wunderbare Welpenzeit unbedingt festhalten sollte und die Hunde, denen nicht mehr viel Zeit bleibt, die ihr Leben gelebt haben oder schwer krank sind. Sollte es bei eurem Hund soweit sein, dann zögert bitte nicht mich anzurufen und nach einem kurzfristigen Termin zu fragen. Selbst wenn ich andere Shootings dafür verschieben muss, was bereits des Öfteren vorgekommen ist, meine Kunden haben in dem Fall eigentlich immer Verständnis und warten gern noch etwas länger auf ihren Termin. Denn wenn es sie betreffen würde, wären sie genauso dankbar dafür diese Möglichkeit zu bekommen.

Heute möchte ich euch von einem ganz besonderen Regenbogenfotoshooting erzählen, das im Spätsommer stattgefunden hat. Ich habe Sarah, eine zierliche, zuckersüße Golden Retriever Hündin bereits ein paar mal kurz gesehen, aber ein Fotoshooting hatten wir noch nicht. Als ihre Besitzerin mich anrief und mir erzählt, wie schlimm es um sie stand, konnte ich mir kaum vorstellen, dass dieses fröhliche Mädchen, bereits auf dem unterwegs in Richtung Regenbogenbrücke sein sollte. Im Eiltempo planten wir unser Shooting, eine Untersuchung wollte Sarahs Frauchen noch abwarten, noch hatte sie Hoffnung und war bereit zu kämpfen, aber bereits am nächsten Tag kam die ernüchternde Diagnose.

Wir trafen uns am selben Abend an einem See, ganz in der Nähe von Sarahs Zuhause. An einem Ort, den sie gut kannte und abgöttisch liebte. Retriever haben zu Seen einfach immer ein ganz besonderes Verhältnis. Ich war nicht darauf vorbereitet, wie schwach die kleine Maus bereits war und es traf mich mitten ins Herz. Nur mit Mühe schaffte sie den kurzen Weg vom Auto bis zum Strand. Um sie zu bestechen gab mir ihr Frauchen einen Löffel und eine Dose Katzenfutter und tatsächlich, bei dem Geruch funkelten ihre Augen nochmal und sie schenkte mir einen tollen Blickkontakt.

Am See angekommen, brauchte die Maus erstmal eine Pause. Es waren nicht einmal 100 Meter vom Auto bis dorthin und doch sah man ihr an, wie schwer ihr jeder Schritt fiel. Sie legte sich an den Strand und verschnaufte kurz. Und weil ich nicht wusste, wie es weitergehen sollte, nicht damit rechnete, dass noch „mehr gehen würde“, nahm ich die Kamera und hielt drauf. Versuchte alles von ihr festzuhalten und zögerte dann nicht lange und bat ihr Frauchen sich zu ihr zu setzen. Auch wenn ausdrücklich nur Bilder von Sarah erwünscht waren, ich wusste tief in mir drin, dass es richtig war.

 Es war unglaublich schön, zu sehen wie Sarah die Streicheleinheiten und die körperliche Nähe genoss. Und nach einem kurzen Powernap war Sarah wieder da. Wacher, als zuvor, ganz klar, als wollte sie ganz bewusst teilhaben an diesem Moment. Neugierig schaute sie sich um, stand auf und schlenderte am Strand entlang. Ich hatte noch ein Bild im Kopf, was ich gern umsetzen wollte, mit Sarah und ihrem Frauchen. Und wenn ich das im Kasten hätte, dachte ich, dann würde ich sie einfach machen lassen und sie einfach so festhalten, wie sie wirklich ist.

 Also Frauchen, Hund und natürlich den Löffel mit dem Katzenfutter noch ein letztes mal platziert und ich bin so froh, dass wir es getan haben.

Als dieses Foto im Kasten war, gaben wir Sarah frei und sie schnüffelte los. So eine kleine Kämpferin. Man sah, wie sehr sie diesen Ort liebte, wie sehr sie es genoss die Nase in den Wind zu halten und das Wasser zu riechen.

Wir beendeten unser Shooting und saßen dann noch eine ganze Weile gemeinsam am See. Redeten und genossen den Augenblick. Wir sprachen über so vieles in der kurzen Zeit, während wir Sarah beobachteten, wie sie durch die Gegend spazierte, als wollte sie sich jeden Strohhalm und jedes Steinchen genau einprägen. Als langsam die Sonne unterging und es kälter wurde, standen wir auf und machten uns auf den Rückweg. Als ich mich ein letztes Mal zum See herumdrehte, stand der Himmel in leuchtend bunten Farben und ich konnte nicht anders, als die Kamera doch noch einmal herauszuholen und das festzuhalten. 

 

Es war als gewährte nicht nur Sarah mir durch ihre Augen einen Blick in ihr Innerstes, sondern auch der Himmel einen kleinen Einblick in das, was da oben auf uns alle wartet.

Ich weiß ich erzähle das oft über meine Shootings, aber hier kann ich wirklich behaupten: Dieser Moment war magisch. Einfach unvergesslich, alles daran.

Komischerweise ist es bei fast jedem Regenbogenfotoshooting so, dass die Hunde noch einmal richtig auftauen, ihre letzte Kraft generieren, als wüssten sie, dass das jetzt wichtig ist. Aber die Verwandlung, die Sarah während unseres Shootings hinlegte, war schon etwas ganz besonderes.

Auch wenn man es nicht glauben mag, aber während eines Regenbogenshootings gab es eigentlich noch nie Tränen, was komisch ist, denn der Anlass ist so unglaublich traurig. Dennoch sind es meistens eine ganz schöne, intensive Zeit, in denen mir die Besitzer viele Geschichten erzählen und die Hunde herumalbern. Ich nehme mir hier alle Zeit der Welt, ohne Zeitdruck, ohne Stress.

Ein ehrenvoller Abschied

 

Sarahs Tod kam unvermittelt und schnell. Von Diagnose bis zum Abschied vergingen nur wenige Tage. Umso beeindruckender finde ich, was ihr Frauchen für sie auf die Beine gestellt hat. Denn Sarah durfte diese Welt auf eine ganz wunderbare Weise verlassen, die mich tief berührt. Gemeinsam mit ihrer Tierärztin ermöglichte ihr Frauchen ihr einen ehrenvollen Abschied und eine ganz besondere Reise über die Regenbogenbrücke. Sarah durfte an genau dem Ort gehen, an dem unser Fotoshooting zuvor stattgefunden hatte. An dem Strand, den sie so sehr geliebt hat. In den Armen ihres Frauchens, an einem lauwarmen Sommerabend.

Ich mag mir gar nicht ausmalen wie schwer dieser letzte Gang für alle Beteiligten gewesen sein muss, aber den Gedanken daran den letzten Weg für den Hund auf diese Art und Weise zu gestalten, finde ich einfach nur wahnsinnig schön und respektvoll dem Tier gegenüber. Ich weiß, dass das eine absolute Seltenheit ist und auch für die Tierärzte unglaublich schwer zu realisieren, aber Sarahs Geschichte hat mich wirklich nachhaltig beeindruckt.

 

Erinnerungen an Sarah

 

Nach ihrem Tod, kam Sarahs Frauchen zur Bildauswahl in mein Atelier. Das sind definitiv die schwersten Stunden rund ums Regenbogenshooting. Sie wählte ihre Lieblingbilder, eines davon verziert nun sogar als Airbrush Sarahs Urne. Außerdem hängen drei der Bilder an der Wand, spenden der Familie Trost und werden irgendwann, wenn die Trauer nicht mehr ganz so stark ist, eine wunderbare Erinnerung an dieses ganz besondere Hundekind sein.